In Extremo / Unterwegs

In Extremo in Ballenstedt / Rockharz Open Air

Ich muss gestehen, ich war noch nie auf dem Rockharz OpenAir. Dabei ist mir der Name schon lange ein Begriff und ich hörte bisher nur Gutes. Marcus von Heaven Shall Burn schwärmte von dem Festival, ebenso die Jungs und Mädels vom In Extremo Fanclub. Wie gut also, dass In Extremo dieses Jahr die Headliner Position am Mittwoch Abend bekleideten. Los ging die Fahrt wie gewohnt am Abend zuvor in der Storkower Strasse. Gefühlt wird es dort von Jahr zu Jahr unfriedlicher, umso schöner dann der Kontrast am nächsten Morgen beim Aussteigen aus dem Nightliner. Unterhalb der Teufelsmauer reichte der Blick bis Quedlinburg und bis zum Brocken. Da die Band noch schlief und die Pyrocrew schon fleissig an der Arbeit war und das Konzert erst um 24 Uhr starten sollte, begab ich mich auf eine kleine Wanderung hinauf zum Großen Gegenstein und von dort weiter zum Kleinen Gegenstein. Der Blick von hier über das Harzvorland und zum Hochharz ist wirklich sehr beeindruckend. Das Gelände um die Teufelsmauer herum ist übrigens alte Kulturlandschaft. Obstbäume und die Beweidung mit Schafen prägten lange diesen Höhenzug. Teile stehen auch unter Naturschutz. Hinter dem Kleinen Gegenstein verlief der Wanderweg entlang der Felder, es wurde ruhiger und es waren auch keine schwarzen Gestalten mehr zu sehen. Lediglich der Wind zog durch die Bäume und das Rascheln der Blätter klang ein wenig, wie das Rauschen der Meeresbrandung an der Ostsee. Diese Tage mit etwas Wind, nicht ganz so heißen Temperaturen, in der Mitte des Sommers, haben ihre ganz eigene Melancholie. Die Tage werden zwar langsam kürzer aber der Herbst ist noch weit weg.

Weiter führt der Weg, vorbei an abgestorbenen Bäumen, teilweise Blitzopfer heißer Sommertage. Zur Linken zieht sich ein ellenlanger, rostiger, löchriger Zaun. Alte Eisenbahnschwellen dienen hier als Zaunpfähle. Wer weiß, wo sie mal lagen und welche Züge über sie hinwegrollten und was für Menschen in ihnen saßen. Fragen ohne Antworten aus der Vergangenheit. Über ein frisch gemähtes Stoppelfeld geht es dann zur Roseburg, bzw zur 1600 Meter langen Mauer, die diese einmalige Schloss- und Parkanlage umgeben. Wer einen Blick hinter die Mauern werfen möchte, kann dies wohl immer, außer mittwochs, tun. Mir blieb daher nur der Blick auf das Rosencafe, die Türme und den Vorplatz des Schlosses. Beim Betreten der kleinen Treppe hinauf zum Schloss, stach jedenfalls sofort ein heimischer Geruch nach Nadelwald in die Nase. Dieser so typische Geruch, wie man ihn sonst nur aus Pommern kennt. Der deutsche Architekt Bernhard Sehring, der hier mit der Roseburg seinen Alterssitz verwirklichte, plante diesen übrigens ursprünglich in der Nähe von Stettin zu bauen. Zufälle.

Da die Roseburg also verschlossen war, ging es für mich entlang des Fürstenweges Richtung Ballenstedt. Erst ein Stück durch den Wald, entlang der alten Eisenbahnstrecke, dann durch eine wunderschöne Allee. Hier begegenete mir eine ältere freundliche Dame auf dem Rad und rief mir fröhlich zu: „Die Allee ist immer ein Foto wert.“ Sie lächelte und war dann im nu auch schon wieder verschwunden. Am Ende der Allee stand ich dann vor einer Mauer und einem Tor. Ich hatte das Schloss Ballenstedt und den dazugehörigen Schlosspark erreicht. Teiche, Enten, Schwäne, Rosen, unterschiedlichste Baumarten und eine herrliche Ruhe. Hier konnte man es aushalten. Umrundet man aber dann das Schloss, ist man tatsächlich für einen kurzen Moment sprachlos. Die alten Gemäuer des Schlosses, das Theater, das Museum, die Allee die Blankenstedt durchzieht. Stadtplanung wie sie im Buche steht und Herz und Seele erfreut. Gesäumt werden die Strassen hier von wunderschönen Fachwerkbauten, Holzhäusern und Stadtvillen. Momente in denen man es bereut, nicht mehr über Architektur zu wissen. Begleitet von einem Rotmilan ging es dann aber langsam wieder Richtung Rockharz Gelände, wo ich noch ein längeres und sehr freundliches Gespräch mit 2 Damen aus der Region hatte, die jedes mal wieder erstaunt sind über die Größe und Logistik so eines Festivals, aber sich auch darüber freuen, dass es so viele fremde Besucher und Künstler in diese Region verschlägt. Oh du wunderschönes Mitteldeutschland. Altes deutsches Kernland.


Zum Rockharz und zum Konzert von In Extremo ein paar kurze Eindrücke: eine tolle Organisation, kurze Wege, überaus freundliche Security, man hat das Gefühl, als kennen sich alle Verantwortlichen hier schon seit vielen Jahren. Die Konzerte finden ausschließlich auf der Hauptbühne statt. Es gibt also keine langen Wege zwischen den Bands und man hat auch den Eindruck, dass es hier wirklich noch um die reine Musik geht und nicht so sehr um den Rummel, wie ihn andere Festivals betreiben. Hier spielen Newcomer und Undergroundgrößen auf der selben Bühne wie die Headliner und das Publikum feiert Agnostic Front genauso ab wie Tarja. Mehr muss man wohl nicht sagen, oder? Bei In Extremo war dann jedenfalls der Platz vor der Bühne gerammelt voll, Crowdsurfer hatten ihren Spaß und auch die Band war bestens aufgelegt. Leider war dann aber nach einer Stunde auch schon wieder alles vorbei. Die Nacht kühlte sich nach den vielen Flammen wieder ab und unser Tourmanager Dirk rief zur Abfahrt Richtung Schweiz.

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