Feldnotizen / Insel Rügen / Mecklenburg-Vorpommern

Feldnotizen – Swantow & Winterende

„Das archaische Landschaftsbild ist auch auf Rügen im Verblassen. Metallene Riesenvögel ziehen durch die Luft, Kampfhubschrauber fliegen in Kirchturmhöhe über das Land, vor der Küste liegen die Zerstörer. Die inneren Spannungen, die eine solche Umwelt auslöst, gehen an keinem Menschen spurlos vorbei, sie übertragen sich auf sein Denken, Fühlen und Handeln.“

„Auch in Swantow gibt es keine archaischen Bilder mehr, keine Schnitter, die heimkehren, die Sense geschultert. Mähdrescher wühlen sich durch den Roggen, bis tief in die Nacht hört man das Brummen der Maschinen, spielt das Licht ihrer Scheinwerfer über die Felder, und erst wenn es feucht wird, wenn der Tau fällt, wird die Nacht wieder Nacht, zieht das Schweigen in die Landschaft ein.“

Swantow (1982) – Hanns Cibulka

Die Sonne strahlt an diesem Tag hell auf die St.-Stephanus-Kirche in Swantow. Hier in diesem kleinen, beschaulichen Dorf, schrieb der deutsche Schriftsteller Hanns Cibulka eines seiner berühmt gewordenen Ostseetagebücher. „Swantow – Die Aufzeichnungen des Andreas Flemming“ erschien 1982 und war eines der ersten Bücher, in denen die Umweltprobleme der DDR öffentlich thematisiert wurden. Was Hanns Cibulka, der den Zweiten Weltkrieg als Soldat in Polen, der Ukraine und Italien erlebte, wohl zu den heutigen geopolitischen Konflikten zu sagen hätte? Oder zu den vielen neuen Ferienhäusern in Puddemin und Mellnitz. Fragen, die einen auf der Runde um die Üselitzer Wiek begleiten. Aber vielleicht wachsen auf dem Swantower Friedhof noch immer die Schneeglöckchen, wenn sich all diese Fragen nicht mehr stellen. Die Sonne jedenfalls verkündet an diesem Tag mit aller Kraft das Ende des Winters und vielleicht, so die Hoffnung, gewinnen Einsicht, Vernunft und Frieden auch in Europa wieder die Oberhand.

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