Musik

Friedemann oder es gibt keine Trennung von Kunst und Leben

26-10-2018 Mestlin

Zwischen Goldberg und Schwerin, inmitten der tiefsten Provinz, befindet sich Mestlin. Hier verwandelte die DDR einst ein verschlafenes Klosterdorf in ein sozialistisches Musterdorf. Zu dieser Umgestaltung gehört auch das imposante Kulturhaus im Dorfzentrum. Vor einigen Jahren gründete sich ein Verein, der versucht das Objekt wieder zu beleben mit Ausstellungen, Märkten, Konzerten. Friedemann spielt an diesem Abend im kleinen Saal, zwischen Palmen und Stühlen und Tischen aus den neunziger Jahren. Die etwa 40 Besucher sind bunt gemischt: Mutter und Sohn, die ältere rührige Dame aus dem Dorf, die Tierärztin, der Witwer, ein paar Metaller und Punks, der frühere Sänger von Volxsturm. Ein purer Abend, echt und ohne Ablenkung. So entfalten Musik und Worte ihre ganze eigene Wirkung. Danke Mestlin.

30-10-2018 Gützkow

Drei Tage später und viele Kilometer nordöstlich von Mestlin liegt der kleine Ort Gützkow. Auch hier gibt es einen Verein mit lauter engagierten Menschen – Viva La Pampa. Auch dieser Verein hat früher ein altes DDR Kulturhaus in der Nähe von Greifswald bespielt. Mittlerweile hat man sich aber zurückgezogen nach Gützkow, diesem kleinen pommerschen Ackerstädtchen das man auf dem Weg von der A20 zur Insel Usedom an seinen Stadtgrenzen streift. Bis zur Wendezeit existierte in Gützkow ein Zulieferbetrieb für Panzerteile, welcher u.a. die großen Panzerschmieden in der Sowjetunion belieferte. Nach der Wende fiel Gützkow dann in einen Dornröschenschlaf, wie soviel Orte hier im Norden. Dabei lädt Gützkow eigentlich zu einem zweiten Blick ein mit seiner Laage an der Peene, den Kirchen, den kleinen Gassen und dem Badesee. Das Pampahaus liegt etwas außerhalb des Ortes auf einem alten Industrie Grundstück. Hier hat sich der Verein eingerichtet mit einem kleinen Saal, offenen Proberaum, einem Bar Bereich und Toiletten. Gemütlich und gesellig wirkt es und auch die Menschen hier wirken offenherzig und freundlich. Friedemann wurde anlässlich eines runden Geburtstages eingeladen und dementsprechend bunt ist auch das Publikum. Es sind all die Gesichter, die man aus den kleinen Städten kennt: die Frau vom Pflegedienst, der Schulsozialarbeiter, die Edeka Verkäuferin, der Traktor Fahrer von der LPG. Gute und wichtige Menschen mit großen und kleinen Sorgen und oft vergessen in Schwerin und Berlin. Friedemann erzählt wieder kleine Geschichten zu seinen Liedern die oft eine wichtige Lektion beinhalten. So erzählt er vom Papa eines gemeinsamen Freundes von uns. Eine große Hotelkette wollte sein Grundstück kaufen, auf dem die Familie einen kleinen Familienbetrieb führt. Der Papa lehnte ab mit der Begründung: „Sie müssen lernen, daß man für Geld nicht alles kaufen kann.“

Friedemann erzählt aber auch vom Eigensinn seiner eigenen Kinder und wie oft sie ihm den Spiegel vorhalten, er erzählt von „dem schönen was man sucht und das oft vor der Haustür liegt“. Und Konsumkritik klingt bei ihm dann auch mit einem Augenzwinkern schon mal so: „Belarus ist die Macht, scheiß auf John Deere und Case …“
Als Friedemann und Band zur Zugabe dann noch ein Gundermann Lied spielen singt der ganze Saal mit. Dabei erzeugen Friedemann und Band eine Intensität von der Tatort Kommissare und andere Musiker die sich am musikalischen Erbe von Gundermann bedienen nur träumen können.
Ganz zum Schluss wünscht sich eine große 8-jährige noch das Lied „Ellenbogen“ vom neuen Album und einer der anwesenden Gäste das Lied „Möglichkeiten“. Wünsche die gerne erfüllt werden und für glückliche Gesichter und breites Grinsen sorgen.
Erlebte Lieder, gelebte Lieder. Lieder die keinen Platz finden in den großen Arenen des Landes. Manchmal hadert Friedemann damit. Manchmal auch nicht. Vielleicht ist aber auch alles genau richtig so wie es ist. Sicher ist es so.
Danke Gützkow – Danke Viva La Pampa.

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